Kurz und knapp – darum geht’s

Bei einem Verkehrsunfall entdeckt die Hannoveraner Polizei ein totes Unfallopfer mit falschen Papieren und einem brisanten Fund im Handschuhfach: ein hochmodernes Steuermodul für Leopard-Panzer der Bundeswehr. Kommissar Brammer und MAD-Oberstleutnant Delius stoßen auf eine Spur, die zur Stasi führt und direkt in eine Kaserne in der Lüneburger Heide. Als die Ermittler einen Hauptfeldwebel ins Visier nehmen, der als loyaler Soldat in eine Spionagefalle geraten ist, müssen sie einen zweiten Diebstahl um jeden Preis verhindern.

Inhalt der Tatort-Folge „Das stille Geschäft“

Grau und nebelverhangen liegt die Landstraße in der frühen Dämmerung, als Hauptkommissar Brammer zum Unfallort gerufen wird. Ein harmloser Verkehrsunfall mit Todesfolge, so scheint es zunächst. Doch als die Beamten die vermeintliche Witwe benachrichtigen wollen, öffnet der „Tote“ höchstpersönlich die Tür. Die gefälschten Papiere des Unfallopfers weisen eindeutig nach Ost-Berlin – und im Handschuhfach findet sich ein technisches Modul, das in keinem Zivilfahrzeug etwas zu suchen hat.

„Sie haben es mit Spionage zu tun“, erklärt MAD-Oberstleutnant Delius mit ernster Miene, als er in Brammers Büro erscheint. Für den Hannoveraner Kommissar beginnt eine Ermittlung in einer Welt, die ihm fremd ist: Militärische Abschirmdienste, Geheimdienstoperationen und der Kalte Krieg hinter den Kulissen der deutschen Teilung.

Der staubtrockene Übungsplatz der Lüneburger Heide, auf dem die schweren Leopard-Panzer ihre Bahnen ziehen, wird zur Bühne eines gefährlichen Spiels. Die Ketten der massiven Kriegsmaschinen graben sich tief in den sandigen Boden, während hinter den Panzertürmen die Geheimnisse eines loyalen Soldaten verborgen liegen. Hauptfeldwebel Ulli Meineke, verantwortlich für die technische Wartung der Panzer, wirkt nervös, als Brammer und Delius ihn befragen.

Die Ermittlung gleicht einem Schachspiel, bei dem beide Seiten ihre Figuren mit Bedacht setzen. Während die Beamten einem verdächtigen Offizier auf die Spur kommen, agiert im Hintergrund der eiskalte Stasi-Agent Jahn. „Den Verdacht auf andere lenken“, flüstert er Meineke zu, dessen Frau Ina in ihrer finanziell angeschlagenen Boutique verzweifelt nach einem Ausweg sucht. Die Modenschau, die sie organisiert, wirkt wie eine grelle Fassade, hinter der sich ein Abgrund aus Verrat und Verzweiflung auftut.

Als die Ermittler die Zusammenhänge langsam entwirren, plant Meineke bereits seine Flucht. Der düstere Kasernenhof, nachts nur von vereinzelten Lampen beleuchtet, wird zum stummen Zeugen eines zweiten Diebstahls. Doch der Austausch des Originals gegen eine wertlose Attrappe bleibt nicht ohne Folgen – bei einer Schießübung versagt die Zielautomatik. Der Fehlschuss eines Panzers hätte beinahe eine Katastrophe ausgelöst.

In ihrer kleinen Wohnung kämpft das Ehepaar Meineke mit den Konsequenzen ihrer Entscheidungen. Während draußen die Dämmerung anbricht und ein bedrohlicher Regen einsetzt, eskaliert die Situation zu einer persönlichen Tragödie, die keine Gewinner kennt.

Hinter den Kulissen

Der NDR produzierte den Tatort „Das stille Geschäft“ im Mai 1977 mit Drehorten in Hamburg, der Lüneburger Heide und der Schlieffen-Kaserne in Lüneburg. Für die authentische militärische Kulisse sorgte das Panzerbataillon 84, das Soldaten, Panzer und die Filmkulissen Kaserne und Technischer Bereich zur Verfügung stellte. Die enge Zusammenarbeit mit dem Militärischen Abschirmdienst (MAD) verlieh dem Film seine charakteristische Authentizität.

In der Besetzung brillierte zum letzten Mal Knut Hinz als Hauptkommissar Heinz Brammer, während Horst Bollmann als Oberstleutnant Delius sein Debüt gab – eine Rolle, mit der er später von 1979 bis 1985 in eigenen Tatort-Folgen reüssieren sollte. In weiteren Hauptrollen überzeugten Claus Theo Gärtner (später bekannt aus „Ein Fall für zwei“) als Hauptfeldwebel Meineke und Günther Ungeheuer als Stasi-Agent Jahn.

Bemerkenswert ist die persönliche Verbindung des Regisseurs Jürgen Roland zum militärischen Setting: Drei Jahre vor dem Dreh hatte er selbst als Oberleutnant der Reserve im benachbarten Panzerbataillon 82 gedient. Ironischerweise lehnte dessen Bataillonskommandeur, Oberstleutnant Hasso von Wedel, eine Unterstützung der Dreharbeiten kategorisch ab.

Als der Tatort am 6. November 1977 im Ersten Programm der ARD ausgestrahlt wurde, bot er den Zuschauern einen seltenen Einblick in die Spionageabwehr der Bundesrepublik während des Kalten Krieges. Die im Film gezeigten Leopard-1-Panzer der Panzerbrigade 8 waren zu jener Zeit gerade auf einen neuen Stand aufgerüstet worden, was dem Film zusätzliche zeitgeschichtliche Relevanz verlieh.

Kritiker bewerteten die Folge als „durchaus spannenden, deutsch-deutschen Agentenfilm“, wobei besonders die fein choreografierten Bilder der Panzerfahrten in Werkstatt und Gelände hervorgehoben wurden. Allerdings wurde auch angemerkt, dass der Film streckenweise „fast die Anmutung eines Bundeswehr-Lehrfilms“ hatte – nicht zuletzt, weil der damalige MAD-Chef, Brigadegeneral Paul-Albert Scherer, gehofft hatte, durch den Film das Image des Abschirmdienstes in der Bevölkerung positiv zu beeinflussen.

Besetzung

Kommissar Brammer – Knut Hinz
Henkel – Günter Heising
Ulli Meineke, Feldwebel – Claus Theo Gärtner
Ina, seine Frau – Cilla Karni
Delius, MAD-Major – Horst Bollmann
Herr Jahn – Günther Ungeheuer
Ecklebe, Oberleutnant – Michael Schwarzmeier
Lanz, Feldwebel – Hans Peter Hallwachs
Muhlhardt, Kommandeur – Horst Schick
„Schobel“ – Peter Petran
Schobel – Kurt Klopsch
Frau Schobel – Gerda Gmelin
und Mannschaften und Offiziere der Bundeswehr, Polizisten und Bahnpolizei, Herren des MfS, Reisende, Kunden, Angler , Nonnen u.a.

Stab

Drehbuch – Fred Zander, Joachim Wedegärtner
Regie – Jürgen Roland
Kamera – Bernd Schofeld
Szenenbild – Martin Mövius
Kostüme – Bernd Kloth
Schnitt – Inge Bomann
Produktionsleitung – Fred Otto